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Europameisterschaft: EM-Silber glänzt golden

Mo 04.09.2017
Die DVV-Männer haben die Europameisterschaft in Polen mit Sensations-Silber beendet. Im Finale kassierte die Mannschaft von Bundestrainer Andrea Giani im sechsten Spiel die erste und einzige Turnier-Niederlage und verlor vor 10.592 Zuschauern in der Tauron Arena in Krakau denkbar knapp 2:3 (19-25, 25-20, 22-25, 25-17, 13-15) gegen Russland.

2017-09-04

Foto: CEV


Die DVV-Männer begannen das historische EM-Finale mit einer Änderung in der sonstigen Standardformation dieses Turniers: Marcus Böhme, der im Viertel- und Halbfinale gegen die Tschechen und die Serben so überzeugt hatte, begann mit Tobias Krick im Mittelblock. Daneben standen Lukas Kampa, der aufgrund einer Wettschuld mit Jan Zimmermann mit Zopf spielen musste, im Zuspiel, Georg Grozer auf der Diagonalen, die Außenangreifer Denis Kaliberda und Christian Fromm, sowie Libero Julian Zenger auf dem Feld. Der Beginn verlief jedoch nicht nach Plan. Bereits nach wenigen Minuten nahm Giani eine erste Auszeit, weil Grozer zweimal am Block scheiterte und der deutsche Annahmeriegel zwei Asse kassiert hatte (2-6). Die Annahme „wackelte“ gegen die druckvollen Flatteraufschläge weiter, ein variables Angriffsspiel war so kaum möglich (5-10). Kam der erste Pass punktete das deutsche Team souverän, wie beispielsweise Böhme (7-10). Die DVV-Auswahl war nun deutlich besser in der Partie und punktete souverän mit einem angriffsstarken Fromm aus der Annahme. Als Böhme im Block zupackte und Grozer per Angriff und Aufschlag punktete, hieß es plötzlich Ausgleich (14-14). Jeder Punkt des Außenseiters, denn das war die deutsche Auswahl, wurde von den Zuschauern gefeiert. Als Grozer verzog und Kaliberda am Block von Mikhailov scheiterte, betrug der Rückstand wieder vier Zähler (16-20). Diese deutsche Mannschaft gab sich aber nicht geschlagen – das hatte der Turnierverlauf bereits zu Genüge gezeigt. Der eingewechselte Ruben Schott verkürzte mit einem sehenswerten Rückraumangriff erneut auf zwei Zähler (18-20), ehe die Russen dreimal in Serie punkteten und damit die Vorentscheidung erzwangen (18-23). Das deutsche Team deutete seine Qualitäten an, musste aber zweimal Serien kassieren, die ein besseres Ergebnis verhinderten.

Das deutsche Team blieb personell unverändert und erwischte einen sehr guten Start: In der Annahme stabil profitierte die DVV-Auswahl von zwei Mikhailov-Angriffsfehlern sowie einem Netzkanten-Ass von Krick (6-2). Als Grozer von der Grundlinie durchzog, hieß es komfortabel 8-3. Die DVV-Männer blieben vorne, weil der Angriff aus der Annahme weiter gut funktionierte. Eine starke Aufschlagserie von Kaliberda ließ die Giani-Jungs auf 14-8 davonziehen. Russland drohte der erste Satzverlust im Turnier, erst Recht, als Grozer aus der Abwehr die sechs Punkte-Führung hielt (16-10). Das deutsche Team war nun richtig „on fire“ und zog weiter weg – die Russen wirkten etwas ratlos (20-12). Schott und Simon Hirsch kamen aufs Feld und sicherten den Satzausgleich mit ganz starken Aktionen. Zwar schwächelte das deutsche Team nochmals kurz, insgesamt jedoch ein ganz starker Satz vom deutschen Team. Grozer nutzte den ersten Satzball. Dies war gleichzeitig der erste (!) Satzverlust der Russen im Turnier, weil das DVV-Team ganz stark aufschlug, aus der Annahme sicher punktete und dort klare Vorteile gegenüber den Russen hatte (48% zu 36%).

Wie verkrafteten die Russen den ersten Satzverlust? Wie kamen die Teams aus der 10-Minuten-Pause. Die ersten Antworten gab es früh: Grozer hämmerte weiter im Angriff und Aufschlag und war richtig gut in der Partie. Die Russen hatten auf der Annahme-Position und im Mittelblock gewechselt (4-4). Nur die Aufschläge waren zu Beginn zu fehlerhaft – das Risiko mussten die deutschen Spieler aber auch nehmen, um die Russen unter Druck zu setzen. Weil Grozer einmal am gegnerischen Block scheiterte, ging es mit einem Break Rückstand in die erste technische Auszeit (6-8). Mit seiner Aufschlag-Variabilität erhöhte Volkov auf vier Punkte – Giani nahm sofort eine Auszeit (6-10). Der erneut starke Krick punktete per Angriff und Einerblock doppelt – schon sah es wieder besser aus (9-11). Grozer verkürzte per sehenswertem Cut aus dem Rückraum und lud dann einmal richtig am Aufschlag durch. Die vierfache Säge und der Ausgleich waren die Folge (12-12). Ein weiteres Ass, dieses Mal von Fromm, brachte die erste Führung (14-13), bei der Rettungsaktion sprang der russische Libero dem deutschen Scout Roberto Ciamarra auf dem Laptop und zertrümmerte diesen. Nach zwischenzeitlichem Führungswechsel ist es erneut ein Aufschlag-Winner des deutschen Teams, der die Minimal-Führung bedeutet (17-16). Die Russen suchten nun immer wieder Mikhailov, der sich langsam einschoss. Ein Fromm-Block stoppte den Weltklasse-Mann im richtigen Moment (20-20). Dann hieß es erstmals seit langer Zeit wieder Zwei-Punkte-Rückstand, weil der eingewechselte Zhigalov einen Aufschlag auf die deutsche Linie setzte (21-23). Das reichte, weil den DVV-Männern kein Break mehr gelang und Russland gleich die erste Chance auf die 2:1-Satzführung durch Mikhailov nutzte. Das extrem hohe Risiko im Aufschlag (7 Fehler, 4 Asse) war und ist das richtige Mittel, die Russen machten einen Tick weniger Fehler und gewannen deshalb.

Der erfahrene Butko blieb bei den Russen auf der Zuspiel-Position, das deutsche Team agierte unverändert. Und gut! Krick und Kaliberda brachten mit ihren Angriffen das 3-1, die Russen konterten und konnten das Spiel wieder ausgleichen (6-6), ehe Böhme im Einerblock zufasste (8-6). Schade, dass Fromm die gute Punktchance aus dem Rückraum vergab, dann punkteten aber Kampa (Aufschlag) und Krick (Angriff) doppelt, die DVV-Männer waren stark in Block-Abwehr und sehr aufmerksam – es roch stark nach Tiebreak (14-9). Russland wechselte Zuspieler und Diagonalangreifer, Kampa schlug sensationell auf, Krick machte gnadenlos weiter (16-9). Als Grozer Schnellangreifer Vlasov brutal blockte, betrug der Vorsprung sensationelle neun Punkte (19-11). Der Rest war nur noch Formsache für diese formidable deutsche Mannschaft, die es tatsächlich schaffte, die russischen Riesen in den Tiebreak zu zwingen. Grozer schoss beim zweiten Satzball Grankin ab. Starke Aufschläge, eine immer besser funktionierende Block-Abwehr (5:1-Blocks) , ein viel besserer Angriff (52% zu 30%) und ein unglaublicher Wille ließen den Satz zu einer Machtdemonstration werden und den Favoriten gewaltig wanken.

Russland wechselte erneut, kein Zeichen von Souveränität. Die ersten beiden Punkte gingen an die Russen, die nächsten beiden ans deutsche Team, weil u.a. Krick unwiderstehlich zuschlug (2-2). Als Böhme und Grozer hintereinander am Netz zupackten, war das die Punkte drei und vier in Folge. Und damit nicht genug: Grozer legte nach sensationeller Krick-Abwehr den Ball über den russischen Block zum 5-2. Die schöne Führung war jedoch schnell dahin, weil Grozer zweimal völlig verzog (5-5). Kurze Zeit später gingen die Russen in Führung, weil Fromm am Block scheiterte (6-7). Bei 8-7 wurden die Seiten gewechselt, weil Mikhailov verzog. Schockmoment wenig später, Grozer knickte um, konnte jedoch weitermachen, Russland legte wieder vor (8-9). Und legte nach: Mikhailov und Volkov nutzten die Punktchancen (9-12). Das deutsche Team blieb mit einem Grozer-Block dran, es mussten aber weitere Breaks für die Sensation für den Titel her (11-13). Kaliberda schlug ein Ass, dann hatten die Russen Matchbälle (12-14). 13-14 und Jan Zimmermann kam für den Aufschlag, der Angriff von Mikhailov war aber zu gut. Bitter, aber grandios zugleich: Das deutsche Team war voll auf Augenhöhe und hatte den Sieg verdient. Die kleine Schwächephase nach dem 5:2 im fünften Satz kostete den EM-Titel.

Stimmen

Andrea Giani: „Es war ein unglaubliches Finale. Vor dem Finale dachten alle Leute, die Russen werden leicht gewinnen. Aber es ist Volleyball. Gestern haben wir schon ein unglaubliches Spiel gezeigt. Wir hatten den Sieg in unseren Händen, haben aber zwei Zähler verpasst. Ich liebe meine Jungs, sie haben einen guten Fokus und haben eine enorme Energie aufs Feld gebracht. Wir haben in diesem Jahr wichtige Turniere verloren, aber durch unsere harte Arbeit und unseren Glauben an uns und an das Projekt haben wir es geschafft. Ich liebe es, um Gold zu spielen. Das nächste Mal versuchen wir es wieder. Ich werde jetzt ein deutsches Bier trinken.“

Lukas Kampa: „Ich bin ziemlich platt, kann mich noch nicht so richtig freuen, dafür war es zu knapp, dafür haben wir zuviel gekämpft, um schon einen Haken daran zu machen. Wir haben eine ganz starke Turnierleistung abgeliefert, aber ich denke, ich brauche noch einen kleinen Moment, um mich mit Silber anzufreunden, aber das kommt. Ich bin nicht so trinkfest, ich schicke die Jungen in die Stadt, vielleicht gönne ich mir ein Gläschen im Hotel. Es greifen Mechanismen, die vor fünf Wochen noch nicht gegriffen haben, wir haben an uns geglaubt und viel mehr Qualität aufs Feld gebracht. Ich bin unheimlich stolz auf die Mannschaft und Trainer und die anderen.“

Georg Grozer: „Der Frust geht mittlerweile etwas weg, der Stolz überwiegt, auch weil ich die Medaille um den Hals hängen habe. Es war eine faszinierende Zeit mit den Jungs. Natürlich tut es weh, wenn man so eine Chance hat. Es war ein super Finale, wir haben alles gegeben, die Mannschaft hat ein hohes Potenzial für die Zukunft. Die Mannschaft hat ein riesengroßes Herz und keine Angst vor niemandem. Die jungen Leute haben mich begeistert, und ich danke, dass ich nochmals mitspielen durfte und bin froh. Jede Medaille hat ihre eigene Geschichte, es ist faszinierend. Ich bin stolz und froh und ich danke Andrea Giani, dass er mich zurück geholt hat. Auf jeden Fall wird getrunken, aber dann geht es schnell nach Hause, weil ich am 10. September wieder in Russland spielen muss.“

DVV-Präsident Thomas Krohne: „Im ersten Moment tut die Niederlage weh, aber das ist der Sport. Wir haben eine sensationelle Leistung gezeigt und fast eine Herkules-Aufgabe bewältigt. Was bleibt, ist der Geist, den die Mannschaft gezeigt hat und die Werbung, die unsere Mannschaft für den Sport geleistet hat. Ich habe ganz viele Glückwünsche aus der Medien- und Sponsorenszene bekommen, die alle gesagt haben: „Was für ein toller Sport, was für eine tolle Mannschaft und eine sensationelle Leistung. Im Endeffekt überwiegt das, auch wenn die Niederlage aktuell noch etwas schmerzt.“

Quelle: DVV

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